Veranstaltungsachiv

Gegen die Menschlichkeit.
Über die Unterdrückung der Uiguren in China

Gespräch mit Mihriban Memet, Prof. Dr. Andrea C. Hoffmann und Prof. Dr. Björn Alpermann, Moderation: Daniel Goffart (WirtschaftsWoche)

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 20. Februar 2023

Mit der Veröffentlichung der »China Cables« im Jahr 2019 kam ans Licht, dass die chinesische Regierung in der Provinz Xinjiang Umerziehungslager unterhält. Die geleakten Dokumente enthüllten, dass die vermeintlichen »Berufsbildungszentren zur Deradikalisierung« keinesfalls nur zur Bekämpfung des Terrorismus dienen. Experten sehen hingegen ein Gulag-System des kommunistischen Regimes in China, das mit Repressalien, Unterdrückung und Überwachung der Uiguren in dem autononem Gebiet Xinjiang regiert. Nach langem Zögern stufte 2022 auch die UN die Vorgänge in den Umerziehungslagern als Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein, andere sprechen sogar von einem »kulturellen Genozid«. Doch wie kam es dazu? Was bedeutet es für die Angehörigen der inhaftierten Uiguren? Welche Ziele verfolgt die chinesische Regierung mit den Lagern? Und was bedeutet dies für die Beziehungen zwischen Deutschland und China? Können, ja müssen wir eine andere Chinastrategie fahren, wie es die Grünen fordern? Darüber sprechen die Menschenrechtsaktivistin und Uigurin Mihriban Memet, die Autorin, Journalistin und Professorin Andrea C. Hoffmann an der HAW Hamburg und der Professor Björn Alpermann, der an Universität Würzburg Contemporary Chinese Studies lehrt.

Tödliche Liebe.
Über das deutsch-russische Jahrhundert

Gespräch mit Prof. Dr. Stefan Creuzberger und Dr. Tatiana Timofeeva moderiert von Dr. Kristiane Janeke

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 5. Dezember 2022

Gegenwärtig scheint zwischen Deutschland und Russland in der Tat jene »tödliche Liebe« zu herrschen, die das berühmte Graffito an der Berliner Mauer inszeniert. Aber nicht nur in der Gegenwart, die vom Krieg in der Ukraine bestimmt wird, steht es um das bilaterale Verhältnis alles andere als gut. Ein Tiefpunkt der wechselvollen Geschichte der Beziehungen war die Folge des Vernichtungskrieges des nationalsozialistischen Deutschlands gegen die Sowjetunion. Es folgte eine Phase der Wieder-Annäherung, mit Blick auf das Verhältnis der DDR und der UdSSR sogar eine politisch-ideologisch begründete Brüderlichkeit. Es gibt kaum andere Staaten auf der Welt, deren Beziehungen während der vergangenen einhundert Jahre auch nur annähernd so nachhaltig durch Krieg und Revolution, durch Terror und Gewalt sowie Abgrenzung und Verständigung geprägt worden sind und immer wieder das Weltgeschehen maßgeblich beeinflussten. In seinem Buch »Das deutsch-russische Jahrhundert« spürt der Historiker Professor Dr. Stefan Creuzberger dieser spannungsreichen »Geschichte einer besonderen Beziehung« nach. Moderiert von Dr. Kristiane Janeke, der Wissenschaftlichen Leiterin des Militärhistorischen Museums, spricht er mit der aus Russland geflohenen Historikerin Dr. Tatjana Timofeeva über eine Epoche, die von dramatischen Zäsuren, Wechselwirkungen und Veränderungen geprägt ist und die Gegenwart besser verstehen lässt.

Weltunordnung.
Zerstört sich der Westen selbst?

Vortrag von Professor Dr. Peter R. Neumann und anschließende Diskussion mit Oberst Dr. Uwe Hartmann

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 21. November 2022

Die Geschichte seit dem Ende des Kalten Krieges vor 30 Jahren begann für die liberal-demokratische Idee verheißungsvoll, aber mit den Terroranschlägen von 9/11 vollzog sich eine Wende, die sich bis heute auswirkt. Nach dem hoffnungsvollen »Arabischen Frühling« folgte eine autokratische Winterstarre in der arabischen Welt, der Abzug aus Afghanistan 2021 mutierte mit dem Siegeszug der Taliban zum militärischen und außenpolitischen Debakel, der ideologische Systemrivale China stieg zur neuen Supermacht auf und nach der Krimannexion begann Russland in diesem Jahr den Angriffskrieg gegen die Ukraine. Anstelle einer liberalen Weltordnung herrscht heute eine neue Weltunordnung, die westliche Prinzipien, Werte und Vorstellungen infrage stellt. Wie dies geschehen konnte und welche Konsequenzen gezogen werden sollten, darüber spricht Professor Dr. Peter R. Neumann (King's College London) in seinem Vortrag und im Anschluss mit Oberst Dr. Uwe Hartmann (Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr).

Zwei Dekaden am Hindukusch

Bundeswehrsoldaten sprechen über ihre Einsatzerfahrungen in Afghanistan

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 17. Oktober 2022

Als im Dezember 2001 der Bundestag über die deutsche Beteiligung an der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan abstimmte, ahnte wohl noch keiner, dass damit der längste Auslandseinsatz mit Kampfgeschehen der Bundeswehr begann. Ursprünglich für sechs Monate geplant, dehnte er sich auf 20 Jahre aus. In diesen zwei Dekaden änderte sich der Einsatz am Hindukusch grundlegend. Die Friedensmission entwickelte sich zum Kampfeinsatz, der die Soldatinnen und Soldaten mit der Realität des Krieges konfrontierte. Sie mussten kämpfen und töten, wurden verwundet, sahen Menschen sterben. 59 Soldaten verstarben im Dienst, 35 davon fielen durch Fremdeinwirkung. Nicht wenige erlebten in Afghanistan prägende, wenn nicht sogar traumatisierende Ereignisse. Weil es noch immer kein Leichtes ist, in der Öffentlichkeit über den Einsatz zu sprechen, tun es auch nur wenige. Zu ihnen gehören Brigadegeneral Christian Nawrat, Stabsfeldwebel Markus Götz, Autor des Afghanistantagebuchs »Hier ist Krieg«, sowie Wolf Gregis, der 2008/09 als Oberleutnant in Afghanistan diente und seine Erlebnisse literarisch verarbeitete. Zusammen mit Dr. Philipp Münch, Historiker am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, sprechen sie über die Einsatzerfahrungen in Afghanistan.

Moderation: Oberstleutnant Dr. Rudolf J. Schlaffer, Direktor Militärhistorisches Museum der Bundeswehr

Musik: Jesse Cole

Krieg in Europa

Gespräch über die fast vergessenen Jugoslawienkriege mit dem Journalist Norbert Mappes-Niediek und dem Historiker Dr. Agilolf Keßelring, Moderation: Michael Martens (FAZ)

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 19. September 2022

Jahrzehntelange herrschte Frieden. Doch dann bricht er aus, mitten in Europa, der Krieg. Ein Krieg, der mit den schlimmsten Verbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg in Verbindung steht. Ein Krieg, der weltpolitische Tragweite entfaltet. Ein Krieg, der in Deutschland für heftige Debatten sorgt. Ein Krieg in Europa, der fast vergessen scheint. Denn es handelt sich nicht um den Krieg gegen die Ukraine, sondern um die Jugoslawienkriege, die seinerzeit die Weltöffentlichkeit erschütterten und dennoch fast vergessen scheinen. Doch welche Interessen und Strategien verfolgten die verschiedenen Kriegsparteien? Welche Verantwortung tragen die ausländischen Mächte? Welche Rolle spielte die Bundeswehr? Und wie wirken sich die Konflikte auf die Gegenwart aus? Diesen Fragen gehen der Journalist und Südosteuropakorrespondent Norbert Mappes-Niediek und der Historiker Dr. Agilolf Keßelring in dem Podiumsgespräch nach.

Die Ukraine und wir

Eine kritische Betrachtung mit Sabine Adler und Generalleutnant a.D. Rainer Glatz, Moderation: Nora Müller

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 13. September 2022

Seit dem Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine vergeht kein Tag, an dem nicht die Konsequenzen der aktuellen Ereignisse für die deutsche Gesellschaft diskutiert und Solidarität bekundet werden. Aus dem Blick gerät jedoch, dass der Krieg eine Vorgeschichte besitzt, in der sich die deutsche Gesellschaft und Politik keineswegs mit Ruhm bekleckerte. In ihrem neusten Buch »Die Ukraine und wir« erzählt die kritische Journalistin und renommierte Auslandskorrespondentin Sabine Adler diese Geschichte. In dem Podiumsgespräch mit dem Sicherheitsexperten Generalleutnant a. D. Rainer Glatz diskutiert sie über die deutsche Rolle im Vorfeld des Krieges, aber auch darüber, welches sicherheitspolitisches Orientierungswissen und welche Handlungsoptionen aus der Vergangenheit für die Zukunft gezogen werden können, in der eine Veränderung der Weltordnung aufscheint.

Sexuelle Gewalt als Kriegswaffe

Vortrag und Gespräch mit der Historikerin Dr. Regina Mühlhäuser und dem Militärsoziologen Dr. Gerhard Kümmel

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 30. Mai 2022

Sexuelle Gewalt in Kriegs- und Konfliktgebieten ist heute allgegenwärtig – in der Ukraine, Äthiopien, Syrien, Afghanistan und vielen anderen Ländern. Insbesondere in der Berichterstattung über den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine wird herausgestellt, dass es sich bei Vergewaltigung um eine Kriegswaffe und -strategie handelt. Aber was ist damit eigentlich gemeint? Wer fügt wem, wann und warum diese Gewalt zu? Welche Konstellationen werden öffentlich gemacht und welche verschwiegen? Und welche Funktionen hat sexuelle Gewalt, wann wird sie zur Kriegswaffe? Anhand von aktuellen und historischen Beispielen diskutiert die Hamburger Historikerin Dr. Regina Mühlhäuser unser Verständnis und unseren Umgang mit diesem Phänomen. Dabei geht es auch darum herauszuarbeiten, was Vergewaltigung von anderen Formen von Gewalt in kriegerischen Konflikten unterscheidet.

Dr. Regina Mühlhäuser ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur und Koordinatorin der Internationalen Forschungsgruppe »Sexual Violence in Armed Conflict«.

Moderation: Dr. Gerhard Kümmel ist Militärsoziologe am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr.

Befreier? Besatzer? Eroberer?
Nachdenken über den »Tag der Befreiung« in Kriegszeiten

Podiumsgespräch mit Dr. Kristiane Janeke (Wissenschaftliche Leiterin des Militärhistorischen Museums), Prof. Dr. Tim Buchen (Osteuropahistoriker an der TU Dresden) und Dr. Jens Nagel (Leiter der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain) moderiert von Dr. Justus H. Ulbricht (Geschäftsführer des Vereins Denk Mal Fort! e.V.).

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 2. Mai 2022

Außer dem Sowjetischen Garnisonsfriedhof existieren in Dresden viele Orte, die in Verbindung zur Geschichte der Sowjetunion, der Besatzungszeit in der SBZ/DDR und ihrem Ende stehen. Auch die Beziehung zur Partnerstadt Sankt Petersburg sowie das Rotarmisten-Denkmal auf dem Olbrichtplatz, das einst auf dem Albertplatz stand, gehören in diesen Zusammenhang. Verändert der Überfall Russlands auf die Ukraine unseren Blick auf eine bislang als Befreier gefeierte Siegermacht des Zweiten Weltkrieges? Wie soll künftig an die Rolle der Sowjetunion am 8./9. Mai erinnert werden? Als Befreier? Als Besatzer? Oder als Eroberer? In der geplanten Diskussion geht es nicht um eine politische oder persönliche Bewertung des Krieges Russlands gegen die Ukraine, sondern um die Frage, welche Auswirkungen dieser neue Angriffskrieg inmitten Europas auf unsere Erinnerungskultur und den Kontakt zu den Nachfolgestaaten der Sowjetunion hat.

Jagdflieger der Wehrmacht.
Technik, Taktik und Doktrin

Vortrag und Gespräch mit Dr. Jens Wehner und dem britischen Historiker James Holland

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 25. April 2022

Die Jagdflieger waren die »Popstars« der Wehrmacht. Namen wie Werner Mölders, Hans-Joachim Marseille, Adolf Galland oder Erich Hartmann sind heute noch vielen bekannt. Doch welche tatsächliche militärische Bedeutung stand hinter der schillernden Propagandafassade der Jagdflieger? Wie kämpften und welche Bedeutung hatten sie tatsächlich im Luftkrieg des nationalsozialistischen Deutschlands? Der Historiker und Kurator Dr. Jens Wehner hat sich mit diesen Fragen in seiner jüngst erschienenen Dissertation beschäftigt. Die Technik der Flugzeuge Bf 109 und Fw 190 wird ebenso thematisiert wie Taktiken und Doktrin der Jagdfliegertruppe. An diesem Abend erläutert er prägnant seine wichtigsten Forschungsergebnisse in einem 20-minütigen Kurzvortrag und diskutiert anschließend über die Jagdflieger der Wehrmacht mit seinem Kollegen James Holland, einem renommierten britischen Historiker, Autor und Podcaster zu militärhistorischen Themen des Zweiten Weltkrieges und insbesondere des Luftkrieges.

»›Die Deutschen ziehen ab‹«.
Ulrich Tukur liest aus den Tagebüchern des Wehrmachtsoffiziers Hans Roesch

Lesung und Gespräch mit Ulrich Tukur, Prof. Dr. Dieter Krüger und Dr. Klaus-Jörg Dogwiler; Moderation: Oberstleutnant Dr. Rudolf Schlaffer.

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 12. April 2022.

Im April/Mai 1944 befindet sich die Wehrmacht auf der Halbinsel Krim in der Defensive. Zwar versucht die 17. Armee auf Hitlers Befehl nach den Niederlagen von Stalingrad und Kursk die Krim gegen die Rote Armee zu halten, doch letztlich wird der Rückzug unvermeidlich. In diesem Zusammenhang entstand das persönliche Tagebuch des Hauptmanns Dr. Hans Roesch (1908-1970). Nur durch Zufall entging dieses Dokument von hoher Authentizität, literarischer Qualität und historischem Quellenwert der Entsorgung. Der Schauspieler, Musiker und Schriftsteller Ulrich Tukur liest Auszüge aus diesem Tagebuch. Es vermittelt einen Einblick nicht nur in die Kriegserlebnisse, sondern vor allem in die Vorstellungswelt eines bildungsbürgerlich geprägten württembergischen Juristen und Reserveoffiziers der Wehrmacht. Ulrich Tukur gibt damit – nach seiner Rolle im Fernsehfilm »Rommel« von 2012 – einmal mehr der deutschen Kriegsgeneration eine Stimme. Dr. Klaus-Jörg Dogwiler, dem die Rettung des Tagebuchs zu verdanken ist, und der Historiker Prof. Dr. Dieter Krüger begleiten die Lesung und diskutieren im Anschluss, moderiert vom Direktor des Militärhistorischen Museums Oberstleutnant Dr. Rudolf Schlaffer, auf dem Podium.

»Wie liegt die Stadt so wüste«.
Konzert der Cappella Sagittariana mit Gedichten von Rose Ausländer und Michael Wüstefeld

Unter dem Titel »Wie liegt die Stadt so wüste« präsentiert das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Kooperation mit dem Verein Dresdner Hofmusik ein Online-Video mit Musik und Texten anlässlich des 13. Februars.

Aufzeichnung des Konzerts zum 13. Februar 2022.

Die Verknüpfung von Alter Musik des Barock-Komponisten Matthias Weckmann (ca. 1619–1674) mit Gedichten aus der Feder von Rose Ausländer (1901–1988) und Michael Wüstefeld (geb. 1951) bezieht sich einerseits auf den konkreten Anlass der Erinnerung an die Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945, reflektiert andererseits aber auch die zeitlose Aktualität menschlicher Erfahrungen mit Gewalt, Zerstörung und Leid. Unter der Leitung von Norbert Schuster musiziert die Cappella Sagittariana Dresden mit den Gesangssolisten Heidi Maria Taubert und Felix Schwandtke, es liest die Schauspielerin Christine Hoppe.

Wie viel Wehrmacht darf es sein?
Deutsche Fallschirmjäger in der Diskussion

Die Veranstaltung um die Frage »Wie viel Wehrmacht darf es sein?« entwickelte sich zur lebhaften Diskussion zwischen Sönke Neitzel, Dirk Laabs und Magnus Pahl. Um auch in Zeiten der Schließung unserem Veranstaltungskonzept eines Forums gerecht zu werden, standen die Diskutanten per Mail für Fragen zur Verfügung. Ihre Antworten können im Kommentarbereich des Facebookposts nachgelesen werden.

Podiumsgespräch mit Prof. Dr. Sönke Neitzel (Historiker), Dirk Laabs (Autor) und Dr. Magnus Pahl (Historiker und Kurator); Moderation: Oberst Dr. Armin Wagner (Historiker, ZMSBw Potsdam).

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 25. November 2021.

Die aktuelle Sonderausstellung des MHM zu den Fallschirmjägern der Wehrmacht wird einerseits wegen ihrer wissenschaftlich fundierten Entzauberung von »Hitlers Elitetruppe« gefeiert, andererseits steht sie im Sperrfeuer der Kritik vor allem durch ältere Generationen aktiver und ehemaliger Angehöriger der Bundeswehr-Fallschirmjägertruppe. Sie verteidigen den vornehmlich durch NS-Propaganda etablierten Elitestatus dieser Truppe, die man als Vorbild für heutige Soldatinnen und Soldaten brauche. Gleichwohl überrascht das Festhalten am Vorbildcharakter einer Wehrmachtseinheit angesichts der klaren Vorgabe, dass mit der Wehrmacht als Organisation keine Tradition für die Bundeswehr begründet werden kann. Offenbar ist die alte Diskussion um die Traditionswürdigkeit der Wehrmacht noch immer nicht zu Ende. Neuere Publikationen bestätigen diese Vermutung. Hier geht es um die Frage, ob und inwiefern ein positiver Rückbezug möglich und damit diskutabel (Sönke Neitzel in »Deutsche Krieger«) oder aber als demokratiegefährdend grundsätzlich abzulehnen ist (Dirk Laabs in »Staatsfeinde in Uniform«). Beide Autoren diskutieren an diesem Abend im MHM mit dem Kurator der Sonderausstellung, Magnus Pahl, und dem Mitherausgeber des Ausstellungskatalogs, Armin Wagner, über Geschichte und Wahrnehmung der Fallschirmjäger, über Identität, »tribal cultures« und die Rolle der Wehrmacht im Traditionsverständnis deutscher Militär- und Sicherheitsverbände.


»Licht und Schatten«.
Lesung mit Christian Friedel aus den Kinotagebüchern Victor Klemperers

Lesung mit Christian Friedel aus den Kinotagebüchern Victor Klemperers; Moderation: Nele Holdack (Herausgeberin) und Knut Elstermann (Filmkritiker).

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 15. November 2021.

Der Dresdner Victor Klemperer ist bekannt für seine sprachkritische Analyse des Dritten Reiches, als passionierter Kinogänger hingegen weniger. Nicht selten geht er mehrmals pro Woche ins Kino. Zunächst kritisch, lässt er sich schon bald von dem seinerzeit noch jungen Medium mitreißen. Lange dient ihm der Kinoraum als Zufluchtsort vor der zunehmenden nationalsozialistischen Verfolgung. Klemperers pointierte Filmkritiken fällen nicht nur ästhetische Urteile, mit Ausweitung der nationalsozialistischen Propaganda nehmen sie auch die gesellschaftlichen Veränderungen in den Blick. Moderiert von der Herausgeberin des Kinotagebuchs »Licht und Schatten«, Nele Holdack, und dem Filmkritiker Knut Elstermann liest Christian Friedel ausgewählte Passagen. Sie alle eint, Zeugnis für die Verdunkelung Deutschlands in den 30er und 40er Jahren zu sein, in denen lichte Momente immer rarer wurden.


100 Jahre Nosferatu.
Film-Live-Konzert mit Olicía und Assimilation Process

Aus rechtlichen Gründen konnten wir den Mitschnitt dieser Veranstaltung leider nur für vier Wochen online präsentieren. Wir bitten um Verständnis.

Zum Jubiläum von Friedrich Wilhelm Murnaus »Symphonie des Grauens« vertonen Olicía (Dresden, Kopenhagen, Berlin) und Assimilation Process (Dresden) den Stummfilmklassiker neu.

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 14. Oktober 2021.

Murnaus Stummfilm »Nosferatu« aus dem Jahr 1921 ist das Paradebeispiel eines Untoten. Er will einfach nicht sterben. Jüngst erwies ihm Zack Snyder in dem Zombie-Heist-Movie »Army of the Dead« die Ehre. Aber schon Murnaus Zeitgenossen zeigten sich von dem bluttrinkenden Untoten und seiner Inszenierung als Unheil bringende Plage fasziniert. Wohl auch deshalb, weil die Schrecken des Ersten Weltkrieges im apokalyptischen Grauen der Handlung und der Figur des Grafen Orlock schaurigen Ausdruck fanden. Mit der alptraumhaften Erzählung um den Nachtmahr schuf Murnau ein Meisterwerk des Horrorfilms. Seiner düsteren Atmosphäre nehmen sich die Musikerinnen Anna-Lucia Rupp und FamaM’Boup, auch bekannt als Duo Olicía, und der Musikproduzent Stefan Senf an, der unter dem Alias Assimilation Process zahlreiche Filme und Theaterstücke vertonte. Samples, Beats und elektronische Ambientflächen auf der einen, jazzige Loops und improvisierte Rhythmen auf der anderen Seite verschmelzen zum diesjährigen Film-Livekonzert mit der unerbittlichen Physiognomie des Nachtwandlers Orlock und lassen den Horror des Wiedergängers wieder auferstehen … Bis das Licht ihm ein Ende setzt.


Die Mauer muss weg!?
Wendeperspektiven aus Ost und West

Podiumsdiskussion mit der Autorin Thea Dorn, dem Soziologen Prof. Dr. Steffen Mau und dem Schriftsteller Lukas Rietzschel; Moderation: Cornelius Pollmer.

Aufzeichung der Veranstaltung vom 4. Oktober 2021.

Hat sich die Wende tatsächlich vollzogen? Angesichts der politischen Entwicklung in den vergangenen Jahren scheint der Schluss nahezuliegen, dass der Graben zwischen Ost und West größer anstatt kleiner wurde. Zunehmend heißt es, dass die gesellschaftlichen Umwälzungen, die die Wende nach sich zog, der Ausgangspunkt für »Unzufriedenheit«, »soziale Spaltung« und »politische Entfremdung« sind – vor allem, aber nicht nur im Osten. Nach der Veranstaltung »Woher kommt die Wut im Osten«, in der offensichtlich wurde, dass es noch viel Gesprächs- und historischen Aufarbeitungsbedarf zur Vor- und Nachgeschichte der Wende gibt, setzt das Militärhistorische Museum mit den »Wendeperspektiven« das Gespräch fort. Im Zentrum stehen Fragen wie diese: Was bedeutete die Wende für Ost und West? Welche Chancen und Probleme eröffneten sich für die Menschen hier wie dort? Ist die deutsche Gesellschaft heute geteilter als vor 30 Jahren? Und wie nimmt die junge Generation, die den Mauerfall nur aus Erzählungen und aus dem Unterricht kennt, die Wende war? Moderiert von Cornelius Pollmer diskutieren darüber der Soziologe Steffen Mau sowie die Autorin Thea Dorn als Ost- und West-Vertreter einer Generation, die durch die Wende »hindurchgegangen« ist, und der Schriftsteller Lukas Rietzschel als Repräsentant der Nachwendegeneration.


Diplomat mit Kante

Christoph Heusgen, ehemaliger Botschafter und langjähriger Berater von Angela Merkel, spricht mit Dr. Jana Puglierin über aktuelle und zukünftige außen- und sicherheitspolitische Herausforderungen

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 27. September 2021.

Zu seiner Pensionierung sandte sogar Barack Obama eine Videobotschaft. Während der ehemalige US-Präsident große Stücke auf Christoph Heusgen hielt, zeigte sich der chinesische Botschafter bei der letzten Sitzung des Deutschen als Vertreter im UN-Sicherheitsrat gänzlich undiplomatisch: »Gut, dass wir Sie los sind«, sagte Geng Shuang im Namen der Volksrepublik China, gegen deren Menschenrechtsverletzungen Heusgen klare Kante zeigte. Solch eindeutige Haltung ist in diplomatischen Kreisen ungewöhnlich, aber Heusgen war keineswegs blauäugig. Bis zur Bestellung zum Ständigen Vertreter bei den Vereinten Nationen im Jahr 2017 war er ein Mann im Hintergrund, der anderen die Bühne überließ. Auf seine Diskretion und vor allem Expertise vertraute Angela Merkel. Über zwölf Jahre beriet er die Kanzlerin in außen- und sicherheitspolitischen Fragen. Vor welchen Herausforderungen die deutsche Sicherheitspolitik gegenwärtig steht und in Zukunft stehen wird, darüber spricht Heusgen an diesem Abend mit der Politikwissenschaftlerin Dr. Jana Puglierin, Leiterin des Berliner Büros des European Council on Foreign Relations (ECFR).


Krieg und Holocaust

Podiumsdiskussion mit den Historikern Prof. Dr. Christoph Rass (Osnabrück) und Prof. Dr. Stephan Lehnstaedt (Berlin); Moderation: Dr. Kristiane Janeke (wissenschaftliche Leitung, MHM).

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 20. September 2021.

Der Zweite Weltkrieg und der Völkermord an den europäischen Juden waren untrennbar miteinander verbunden. Das NS-Regime führte Krieg, um seine verbrecherischen Ziele zu erreichen. Gleichzeitig wären die Massenverbrechen der Nationalsozialisten ohne die militärische Besetzung vor allem Ost- und Südosteuropas nicht möglich gewesen. Bereits in den ersten Monaten der Eroberung Polens setzten hinter der vorrückenden Front Deportationen, Ghettoisierungen und Massaker ein. Mit Beginn des »Unternehmens Barbarossa« eskalierte die Grausamkeit des Völkermords. Der Krieg gegen die Sowjetunion war zugleich ein Vernichtungskrieg, in dem die Auslöschung der Juden und die Spurenbeseitigung dieses Verbrechens immer weiter perfektioniert wurden. Wie entwickelten sich die Vernichtungstechniken? Wer waren die Täter? Welche Rolle spielten Wehrmacht und andere militärische Akteure? Und wie wirkten sich militärische Entwicklungen auf die Vernichtung aus? Moderiert von der wissenschaftlichen Leiterin des Militärhistorischen Museums Kristiane Janeke gehen die Historiker Christoph Rass und Stephan Lehnstaedt in der Veranstaltung »Krieg und Holocaust« diesen Fragen nach.


Am Nullpunkt der Zivilisation.
Moderierte Lesung von Zeugnissen nationalsozialistischer Verbrechen

Anlässlich der Sonderausstellung »KZ überlebt« lesen Ensemblemitglieder des Dresdner Staatsschausspiels aus Zeugnissen vor, die das Leben unter nationalsozialistischer Verfolgung und Gefangenschaft schildern.

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 5. Juli 2021.

Unvorstellbare Unmenschlichkeit offenbaren die Zeugnisse der wenigen Überlebenden der nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager. Manche dieser Dokumente entstanden unter Lebensgefahr noch während der Gefangenschaft, einige kurz nach der Befreiung und wieder andere als Rückblick auf das eigene Schicksal. Sie alle führen zum Nullpunkt der Zivilisation. Moderiert vom Projektleiter Gedenkstättenportal der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Adam Kerpel-Fronius, lesen die Schauspielerin Nadja Stübiger und der Schauspieler Torsten Ranft eine Auswahl dieser Zeugnisse vor. Sie alle eint, eine Mahnung für die Zukunft zu sein und an die Millionen Menschen zu erinnern, die aufgrund der nationalsozialistischen Verbrechen kein Zeugnis mehr ablegen können.

Die Texte stammen aus den Büchern der folgenden Autorinnen und Autoren:

01:57 David Rousset: Das KZ-Universum, Berlin: Jüdischer Verlag 2020, S. 100.
03:12 Reinhard Florian: Ich wollte nach Hause, nach Ostpreussen! Das Überleben eines deutschen Sinto, hrsg. v. Jana Mechelhoff und Uwe Neumärker, Berlin: Stiftung Denkmal für die Ermordeten Juden Europas 2012, S. 38.
11:53 Carl Laszlo: Ferien am Waldsee. Erinnerungen eines Überlebenden, hrsg. u. mit einem Nachwort von Albert C. Eibl, Wien: Das vergessene Buch 2020, S. 23-29.
21:51 Severina Szmaglevska: Die Frauen von Birkenau, mit einem Nachwort von Marta Kijowska, Frankfurt am Main: Schöffling & Co 2020, S. 15-21.
37:41 Reinhard Florian: Ich wollte nach Hause, nach Ostpreussen!, S. 40-41.
41:45 Zilli Schmidt: Gott hat mit mir etwas vorgehabt. Erinnerungen einer deutschen Sinteza, hrsg. v. Jana Mechelhoff und Uwe Neumärker, Berlin: Stiftung Denkmal für die Ermordeten Juden Europas 2020, S. 46.
47:53 Salmen Gradowski: Die Zertrennung. Aufzeichnungen eines Mitglieds des Sonderkommandos, hrsg. v. Aurélia Kalisky, Berlin: Jüdischer Verlag 2019, S. 213-217.
55:29 Reinhard Florian: Ich wollte nach Hause, nach Ostpreussen!, S. 45-46.
1:00:25 Carl Laszlo: Ferien am Waldsee, S. 117-127.
1:13:50 Zilli Schmidt: Gott hat mit mir etwas vorgehabt, S. 56-57.
1:17:15 Zilli Schmidt: Gott hat mit mir etwas vorgehabt, S. 91-93.

Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas.


»Unternehmen Barbarossa«.
Alte Mythen, neue Perspektiven

Podiumsdiskussion mit der Historikerin Dr. Kristiane Janeke (wissenschaftliche Leitung, MHM) und den Historikern Prof. Jörg Baberowski (Berlin) und Dr. Roman Töppel (München); Moderation: Alfred Eichhorn (Journalist, Berlin)

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 21. Juni 2021.

Vor 80 Jahren, am 22. Juni 1941, begann unter dem Decknamen »Unternehmen Barbarossa« der Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion. Über 27 Millionen Menschen fielen dem folgenden Vernichtungskrieg zum Opfer. Bis heute existieren Mythen von heldenhaften sowjetischen Verteidigern und genialen deutschen Generälen, am Leben erhalten in politischer Absicht und glorifizierender Erinnerung, aber auch hinterfragt und widerlegt durch neue Forschungsergebnisse. Zum 80. Jahrestag des deutschen Angriffs nimmt das MHM neue Perspektiven auf überholte Gewissheiten und unbekannte Aspekte des Deutsch-Sowjetischen Krieges in den Blick.


Der Unbequeme.
Eine »Zeitreise« mit Stefan Aust

Der Journalist Stefan Aust (Die Welt) im Gespräch zu seiner Autobiografie »Zeitreise« mit Marcus Thielking (Leiter Feuilleton, Sächsische Zeitung).

Aufzeichnung der Veranstaltung vom 3. Juni 2021.

Bequemlichkeit ist seine Sache nicht. Während andere mit 74 Jahren ihren Ruhestand genießen, bleibt Stefan Aust umtriebig und, wie eh und je, unbequem. Egal, wo er während seiner journalistischen Laufbahn gewirkt hat, sei es bei der linken Studentenzeitschrift »Konkret« oder als Chefredakteur der tendenziell konservativen Tageszeitung »Die Welt«, Aust legte immer den Finger in die Wunde. Seine Berichterstattung beim politischen Fernsehmagazin »Panorama« machte ihn in den 70er und 80er Jahren berüchtigt, Spiegel TV ließ ihn später berühmt, wenn nicht gar zur Ikone des kritischen Journalismus werden. Das Fundament legten aber seine Publikationen, insbesondere sein Buch »Der Baader-Meinhof-Komplex«, das als Standardwerk über den frühen RAF-Terrorismus gilt. Später nahm er in »Heimatschutz« die Verwicklungen von NSU und Verfassungsschutz ins Visier. Weder vor Linken noch Rechten und auch nicht vor der Staatsgewalt kuschte er, selbst dann nicht, wenn ihm Steine in den Weg gelegt wurden. In seiner Autobiografie »Zeitreise« schaut Aust deshalb nicht nur auf sein Leben zurück, sondern erzählt zugleich eine Geschichte der deutschen Bundesrepublik.

Adresse / Anfahrt

Olbrichtplatz 2 01099 Dresden

Öffnungszeiten

Montag 10 - 21 Uhr Dienstag, Donnerstag, Freitag, Samstag, Sonntag 10-18 Uhr Mittwoch geschlossen

mhmeingang@bundeswehr.org